Jeder kennt das Sprichwort „Man beißt nicht die Hand, die
einen füttert.“
Gleichzeitig wünschen sich viele (Mädels auf Miss-Wahlen)
Weltfrieden. Im Endeffekt, hängen Weltfrieden und Welthandel unmittelbar voneinander
ab.
Letztes Jahr im Oktober, kamen 150.000 Menschen in Berlin
zusammen und demonstrierten gemeinsam gegen TTIP. Nie zuvor, haben sich
europaweit so viele Menschen für eine Demonstration zusammen getan.
Der Name
dieser Demonstration lautete „Für einen fairen Welthandel“.
Doch wie kann ich FÜR einen fairen Welthandel protestieren,
wenn ich jeden Versuch einen Welthandel aufzubauen boykottiere (siehe CETA und
TTIP)?
Aber lasst uns zuerst mal über bereits bestehende
Freihandelsabkommen reden/schreiben/lesen.
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Zwischen der EU und Südkorea besteht ein
Abkommen, welches bereits 2009 unterschrieben und 2015 voll in Kraft getreten
ist.
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Auch zwischen der EU und der Ukraine gilt seit
dem 01. Januar 2016 ein Freihandelsabkommen.
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Ebenfalls mit Ostafrika, wurde ein
Freihandelsabkommen diskutiert und fertiggestellt. Lediglich die Unterzeichnung
wurde von einigen Verhandlungspartnern auf Afrikanischer Seite herausgezögert. Doch kein Problem für die EU! Auf Produkte aus den entsprechenden Staaten,
wurden einfach wieder Zölle erhoben und so ergab sich nach einigem Zittern und
dem Bankrott vieler Bauern und Händler, sogar Kenia. Gut gemacht, liebe EU!
Doch warum haben wir nun plötzlich so große Skrupel vor
einem Abkommen mit den Amerikanern?
Sonst ist doch Big Brother unser bester
Freund.
TTIP steht für „Transatlantic Trade and Investment
Partnership“, soweit so gut. Nur was ist damit gemeint?
Also, alles dreht sich um ein Freihandelsabkommen zwischen
den USA und EU. Die Verhandlungen dafür begannen im Juli 2013. Damals hat sich
noch fast niemand dafür interessiert. Seitdem fanden 14 Verhandlungsrunden
statt.
Was wird in jenen Verhandlungsrunden bloß verhandelt?
Um einen freien Handel zu schaffen, müssen die Standards
angeglichen werden. Viele Standards…
Nur mal als Beispiel, ein Deutscher
Autobauer, muss alle Crashtests doppelt durchführen, weil für die Gültigkeit
dieser in den USA, andere Crashtest-Dummys vorgeschrieben werden, als in
Europa.
Und dann gibt es noch das vielzitierte Beispiel der Blinker.
Ja, in der EU müssen Blinker orange sein, in der USA dagegen rot.
Diese kleinen aber feinen Unterschiede kosten viele
Unternehmen sehr viel Geld.
Also, was bei TTIP umgangen werden soll, sind nicht (nur) die
Zölle, sondern besonders die individuellen Regulierungen, um auch kleineren
Unternehmen einen weltweiten Markteintritt ermöglichen zu können.
Das klingt doch eigentlich ganz gut. Warum protestieren dann
150.000 Menschen in Berlin gegen das Abkommen?
Grund dafür sind die vielen Ängste auf Deutscher (teils auch
Europäischer und Amerikanischer) Seite.
Eine Sache, die repräsentativ für diese
Ängste steht, ist das sog. „Chlorhühnchen“.
In Amerika, werden Hühnchen, bevor
sie verpackt werden, mit Chlor abgewaschen um Bakterien und Salmonellen
abzutöten.
Deutsche Behörden haben dieses Vorgehen, als gesundheitlich
unbedenklich eingestuft. Und mal ehrlich, wer seine Hühner mit Antibiotika
füttert, damit sie gesund bleiben und sowohl groß als auch stark werden, sollte
vor einer Chlordusche wenig Angst haben. Dennoch ist der Verkauf von
„Chlorhühnchen“ bislang in Europa untersagt.
Aber wir Deutschen, wären nicht wir, würden wir uns nicht noch
vor vielen anderen teils unsinnigen Dingen fürchten.
Eins davon sind die
Schiedsgerichte.
Entscheiden tun dort nicht Europäische Richter, sondern
Wirtschaftsanwälte, die die Materie verstehen. Viele Menschen fürchten
allerdings eine Paralleljustiz aufgrund von Anwälten, die
Wirtschaftsunternehmen nahe stehen und somit geltendes Recht untergraben.
Durchaus ein berechtigter Einwand, allerdings gibt es solche
Schiedsgerichte bereits sehr lange in Europa. Das bekannteste Verfahren und
eines der wenigen, die eher zum Nachteil Deutschlands entschieden wurden, wobei
es in diesem Fall zu einem Vergleich kam, ist Vattenfall gegen die
Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2008.
Falls ihr genau wissen wollt, was damals vor sich ging, hilft euch Wiki weiter.
Seitdem werden die Schiedsgerichte als böse angesehen, obwohl sehr vielen Deutschen Unternehmen bereits vor eben solchen Tribunalen Recht zugesprochen wurde und diese somit hohe Schadensersatzzahlungen erhalten haben.
Im Übrigen, Deutschland hat noch nie ein solches Verfahren verloren. Alle Entscheidungen, die "eher zum Nachteil Deutschlands" ausgingen, sind in einem Vergleich geendet, in dem sich die Parteien durch einem Kompromiss angenähert haben.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die intransparenten
Verhandlungen.
Ich muss gestehen, diese Kritik ist weitestgehend berechtigt.
Die genauen, verhandelten Inhalte werden vor der Öffentlichkeit geheim
gehalten.
Allerdings, leitet die Bundesregierung alle Dokumente aus Brüssel an
den Bundestag weiter, in einem speziell eingerichteten Leseraum im
Bundeswirtschaftsministerium können Abgeordnete als Vertreter des Volkes, die
Texte einsehen.
Ob dem Volk das reicht, ist eben Ansichtssache.
Und dann kommt noch die Klage wegen des erhöhten
Wettbewerbs.
Kleine Unternehmen sind darauf nicht vorbereitet, niemand kauft
mehr die „guten“ Deutschen Produkte, wenn die Amerikanischen so günstig werden…
und so weiter und so fort...
Aber jetzt mal im Ernst, ist der größere
Wettbewerb nicht eigentlich ein Vorteil für die Konsumenten? Unternehmen müssen
sich dadurch stets weiterentwickeln, daraus resultieren neue und bessere
Produkte und Innovationen.
To put it in a nutshell oder:
Um das ganze mal irgendwie zusammenzufassen, bleibt für mich
nur am Ende die Frage stehen:
Was will Europa?
Gemeinsam mit den USA (und
Kanada) können Standards gesetzt werden, die für weite Teile der Erde als
Maßstab dienen, damit Unternehmen weiter in unsere Witschaftszone exportieren können.
Scheitert TTIP an Europa, wird diese Chance vertan.
Schlimmer, man gibt anderen Ländern mit weitaus geringeren Standards (man merke
an der Stelle mal Russland und China an), die Möglichkeit ohne Einfluss von
Europa, weltweit gültige Regularien aufzustellen.
Insbesondere mit Blick auf
Umweltschutz und Menschenrechte, könnte das aus Sicht Deutschlands zu einer
Katastrophe ausarten.
Also, was wollen wir Europäer?
Standards setzen oder
internationalen hinterher rennen?
Ich gebe zu, ich bin pro TTIP!