Hausaufgaben – Sind sie in der heutigen Zeit noch gerechtfertigt?



Heute Morgen habe ich einen interessanten Artikel auf Spiegel Online entdeckt. Er handelt von einer amerikanischen Lehrerin, Brandy Young, die ihren Schülern ein ganzes Jahr Hausaufgaben-frei erteilt!

Da kann man schon mal neidisch werden…

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10208920380439663&set=a.2192657828875.118537.1620033655&type=3
Quelle: http://bit.ly/2bXu79v

Doch wie sinnvoll ist es Kinder von den Hausaufgaben zu befreien? 


Bevor über diese Frage wirklich ernsthaft diskutiert werden kann, müssen die Rahmenbedingungen des Vorhabens geklärt werden.


Wie im obig gezeigten Elternbrief geschrieben steht, müssen die Kinder selbstverständlich Aufgaben nachholen, mit denen sie in der Schule nicht fertig wurden. Also Faulenzer und Trödler werden in diesem Versuch nicht bevorzugt.


Dies zeigt aber schon deutlich, dass weiterhin geübt wird. Nur dank der neuen Regelung eben in der Schule und unter Aufsicht einer kompetenten Lehrerin, anstelle des eigenen Schreibtischs und unter der Aufsicht frustrierter Eltern.


Wer sind die Glücklichen?



Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die entsprechenden Schüler erst die zweite Klasse einer Elementary School besuchen. Also es handelt sich nicht um Unterstufen-, Mittelstufen- oder Oberstufenschüler, sondern um Kinder die ca. 7 Jahre alt sind und somit nach Deutschen Maßstäben die Grundschule besuchen würden, eine Grundschule die auch bereits in den ersten Jahren bis 15 Uhr nachmittags unterrichtet.


Wie war das bei uns nochmal?



Ich versuche mich an meine Grundschulzeit zurückzuerinnern. Gar nicht so einfach. Viel ist neben dem Spielen auf dem Pausenhof nicht hängen geblieben. Ich meine jedoch mich dunkel daran erinnern zu können, dass wir in der Regel nur bis zwölf Uhr mittags zur Schule gingen. Nur wer an freiwilligen AGs teilnehmen wollte, hatte gelegentlich die sechste Stunde, als bis 13 Uhr.


In meinem Fall war das Blockflöte, Französisch und die Theater AG. Auch wenn ich mich heute insgesamt betrachtet von den thematischen Inhalten, besonders in den ersten beiden Fällen, an beinahe nichts mehr erinnern kann, außer an stundenlanges Drangsalieren meiner Eltern im schulischen Auftrag. 
Es hat nichts genutzt. Die Blockflöte und ich wurden keine Freunde und sind es bis heute nicht. 

Dennoch, damals konnte man sich das Strebertum eben noch leisten. Heute sieht das in vielen Fällen schon anders aus.


Drei Stunden länger – wofür?



Aber ähnlich wie ich mir damals das Strebertum leisten konnte, können es sich die Amerikanischen Schüler leisten in der Schule zu üben. Irgendetwas sollte ja auch in den drei Stunden vermittelt werden, die deutsche Schüler offensichtlich nicht benötigen. Ein ähnliches Konzept gibt es aber auch bei uns schon länger. Bereits vor 12 Jahren, also 2004, ging ich nach den Sommerferien zur Hausaufgabenbetreuung. Diese endete um 14 Uhr. Im Normalfall waren danach auch alle Hausaufgaben erledigt und ich hatte den Nachmittag bis zum Fußballtraining frei. 

Was keinesfalls heißen sollte, dass wir und dann in unsere Zimmer verzogen hätten oder stundenlang ferngesehen haben, nein, wir sind raus und haben uns mit Freunden getroffen, sind auf Bäume geklettert und haben getobt. Ist das nicht ein wünschenswerter Zustand?


Und was stellt man mit der neuen Freizeit an?



Auch die Lehrerin, Brandy Young, die dieses Konzept nun in ihrer Klasse einführt, wünscht sich von den Eltern, dass sie in der neugewonnene Freizeit Dinge mit schulischem Nutzen tun. Als Beispiele nennt sie in ihrem Elternbrief das gemeinsame Abendessen, Lesen oder Spielen. Alles Dinge, die meine Eltern vollkommen intuitiv oder eben weil sie bereit so erzogen wurden, richtig gemacht haben. 

Auch das frühe Schlafen hat im Normalfall nach einigen Protest-Aufsteh-Versuchen reibungslos funktioniert.


Überforderung oder schlechte Erziehung?



Dass das Hausaufgaben-Frei trotzdem bei Schüler und Eltern positiv ankommt, könnte neben vielen weiteren Gründen auch z.B. daran liegen, dass neben den Schülern auch viele Eltern mit den bisherigen Aufgaben überfordert sind. 

Zwischen Arbeit, Kochen, Haushalt und Erziehung, sollen auch noch die Hausaufgaben zur vollsten Zufriedenheit der Lehrer erfüllt werden. Die Leistungsgesellschaft beginnt eben schon früh damit ihre Sprösslinge zu ziehen. Und der Nerv, den Eltern für ihre Kinder übrig haben, schrumpft stetig.


Die ständige Erreichbarkeit tut auch ihre Dienste dazu. Die klare Trennung von Beruf und Feierabend existiert nicht mehr. Der Satz „Schatz, einen Moment bitte, das ist wichtig.“ fällt immer öfter und der Moment wird immer länger. Die Frage nach dem Warum verstehen Kinder meist nicht. Wie auch?


Dabei wäre es doch gerade in der heutigen Zeit, in der die Kommunikation mit Maschinen exponentiell zu nimmt von große Bedeutung sich mit unseren Kindern zu beschäftigen und ihnen ein solides Sozialverhalten mit auf den Weg zu geben.


Also, liebe Eltern, liebe Geschwister, ganz unabhängig davon ob euer (Geschwister-)Kind Hausaufgaben aufbekommt und wie alt es ist, legt doch mal alle elektronischen Geräte beiseite und packt wieder die gute alte Spielesammlung aus. 


Denn gemeinsame Zeit, sollte man sich nehmen, solange noch die Möglichkeit dazu besteht!