Fragerecht vs. Recht zur Lüge – Wann darf ich meinen zukünftigen Arbeitgeber täuschen?

Da der erste Selbstversuch leider abgebrochen werden musste, und ihr mir so viele Anregungen für neue Beiträge rund um das Thema Bewerbungsgespräch geschickt habt, habe ich euch hier eine Liste von Fragen zusammengestellt, bei deren Beantwortung ihr euren zukünftigen Arbeitgeber anflunkern dürft ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen.

Viel Spaß beim Lesen! :)



Dass wir in einem Bewerbungsgespräch stets freundlich und professionell agieren sollen, ist mittlerweile hinreichend bekannt. Doch was ist, wenn der Personaler nicht nur nach unseren beruflichen Qualifikationen fragt, sondern auch beginnt Fragen über unser Privatleben zu stellen?


Die Rechtsprechung deckt eine „Notlüge“ auf unzulässige Fragen ab, sollte allerdings die Antwort einer zulässigen Frage wider besseren Wissens falsch ausfallen, rechtfertigt dies sogar eine Kündigung oder die Anfechtung des Arbeitsverhältnisses und kann unter bestimmten Voraussetzungen sogar eine Klage wegen arglistiger Täuschung nach sich ziehen.



Ich habe euch hier mal eine kleine Liste zulässiger, eingeschränkt zulässiger und unzulässiger Fragen zusammengestellt:

  1.  Die Frage nach den beruflichen Fähigkeiten ist selbstverständlich uneingeschränkt zulässig. Die Beantwortung sollte stets wahrheitsgemäß erfolgen, da diese Angaben zentral für die Entscheidung über ein Anstellungsverhältnis sind.
     
  2. Dahingegen ist die Frage nach der Höhe des bisherigen Gehalts unzulässig, sofern dieses vom Bewerber nicht als Mindestforderung aufgestellt wurde oder keine Aussagekraft für die angestrebte Stelle aufweist.
     
  3. Auch die Gewerkschaftszugehörigkeit ist nur für sog. Tendenzbetriebe (darunter fallen alle Betriebe, die nicht unbedingt oder nicht ausschließlich aus monetären Beweggründen handeln, sondern (zusätzlich) z.B. politische, wissenschaftliche, erzieherische oder künstlerische Ziele verfolgen) von Bedeutung.
     
  4. Ebenfalls nur für Tendenzbetriebe zulässig ist die Frage nach der Religions- oder Parteizugehörigkeit des Bewerbers.
     
  5. Die Frage nach einer geplanten Eheschließung ist aber in jedem Fall unzulässig.
     
  6. Genauso auch die Frage nach der sexuellen Gesinnung des Arbeitnehmers.
  7. Eine Frau darf nach einer möglichen Schwangerschaft gefragt werden, sofern durch die arbeitsvertraglich geregelte Tätigkeit die Mutter oder das Kind gefährdet sein könnte, dies könnte z.B. bei einer Anstellung in einem Chemiebetrieb der Fall sein.
     
  8. Die Frage nach dem Gesundheitszustand ist nur dann zulässig, wenn berechtigtes Interesse der Arbeit, des Betriebs oder der übrigen Belegschaft besteht.
     
  9. Sollte der Personaler dahingegen nach schweren Erkrankungen innerhalb der Familie fragen, darf gelogen werden.
     
  10. Unzulässig und auch nicht empfehlenswert sind jegliche Fragen nach Behinderungen oder gar Schwerbehinderungen, da Unternehmen dem Benachteiligungsverbot unterliegen und entsprechende Diskriminierungsklagen Unternehmern teuer zu stehen kommen können.
     
  11. Beschreibt eine Beschäftigung ein besonderes Vertrauensverhältnis, ist die Frage nach den Vermögensverhältnissen gerechtfertigt, um die Gefahr der Bestechung oder des Geheimnisverrats auszuschließen.
     
  12. Liegt eine Relevanz der Vorstrafen für die zukünftige Stelle vor, so ist auch die Frage danach erlaubt. Eingestellte rechtliche Verfahren oder Strafen, die nicht für das Führungszeugnis oder die Eintragung im Bundeszentralregister in Frage kommen, müssen nicht benannt werden.
     
  13. Definitiv zulässig und sogar verpflichtend für den Arbeitnehmer ist die Angabe eines Wettbewerbsverbots. Sollte der Arbeitnehmer zu früherer Zeit einen entsprechenden Vertrag mit einem Konkurrenzunternehmen eingegangen sein, muss er von sich aus darauf hinweisen.
Doch wie reagiert man als Bewerber nun richtig, falls einem eine unzulässige Frage gestellt wird?


In erster Linie ist zu beachten, dass man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen sollte. Bleib professionell und freundlich. Fühlst du dich durch die Frage nicht angegriffen oder diskriminiert, so beantworte sie einfach – ob richtig oder falsch spielt in diesem Moment keine Rolle. 

Der Arbeitgeber muss auf eine unzulässige Frage auch mit einer Lüge rechnen. 


Solltest du dich hingegen persönlich angegriffen fühlen und möchtest dies nicht auf dir sitzen lassen, kannst du den Fehler auch direkt ansprechen. Eine gute Taktik hierfür ist eine Gegenfrage, z.B. „In wie weit ist diese Information relevant für die ausgeschrieben Stelle?“. Bleibe in jedem Fall sachlich. Eventuell ist die Frage tatsächlich wichtig für das Anstellungsverhältnis und gar nicht diskriminierend gemeint.


Als letzte Reaktion bleibt immer noch der Abbruch des Gespräches. Sollte der Personaler dich mit unzulässigen Fragen in die Ecke drängen, oder eine nicht zulässige Frage nach der anderen stellen, so dass du anzweifelst in das Unternehmen zu passen, ist diese Konsequenz vollkommen gerechtfertigt. Doch auch hier gilt als oberste Priorität höflich und professionell zu bleiben. Bedanke dich für das Gespräch. Einen Grund für den Abbruch musst du nicht angeben, dies kann die Situation aber entspannen und zukünftige Begegnungen vereinfachen.


Wichtig ist, dass du als Bewerber dir im Klaren darüber bist, dass du kein Bittsteller an das Unternehmen bist, sondern Ihnen deine Fähigkeiten und Leistungen auf Augenhöhe anbietest.

Eine unangenehme Situation muss dementsprechend nicht ausgesessen werden, sondern kann auch einfach offen angesprochen werden. So merkt der Bewerber recht schnell, ob er zum Unternehmen passt oder nicht.


Nur Mut und viel Glück für deine zukünftigen Bewerbungen!