Nichtstun – Wieso, Weshalb, Warum?



Quelle: http://bit.ly/29z6fXB



Die Leistungsgesellschaft

Wir leben heute in einer Leistungsgesellschaft. 
Längst reicht es nicht mehr nur im Job 100% zu geben. 
Nein, wir sollen zum Sport, zum Joggen, zum Yoga, auf dem Spielplatz trainieren, während die Kinder putzmunter spielen oder sogar Bücher in Höchstgeschwindigkeit lesen.

Wer nichts leistet, der ist auch nichts. 
Diese Meinung hat sich in den Köpfen vieler festgesetzt. Ohne Rücksicht auf Verluste, werden überall effiziente Ergebnisse erwartet. Ob bei der 14-Tage-Diät, dem 30-Minuten-Essen oder dem Power-Napping. 
Mehr Leistung in kürzerer Zeit wird erwartet.

Doch was wurde aus dem guten alten Feierabend? 

Viele von euch kennen bestimmt noch das Lied aus der Rügenwalder Pommersche Werbung „Feierabend wie das duftet…“ (Ohrwurm incoming).
Darin konnte man, soweit ich mich erinnern kann, die große glückliche Rügenwalder Familie sehen, die sich in freier Natur an einen schön gedeckten Tisch setzt und einfach nur zusammen isst und lacht.
Trifft man sich heute am Esstisch, hält Papa noch sein Tablet mit der letzten Geschäftsmail offen in der Hand, die Tochter antwortet noch schnell ihrer besten Freundin, während der Sohn mit irgendeinem Smartphone-Game beschäftigt ist - und Mama? 
Mama versucht allen ihre Mobile-Devices abzunehmen. (Die Rollen sind in diesem Szenario natürlich beliebig austausch- und erweiterbar.) 
Wir haben einfach keine Zeit mehr um nur zu essen.

Keine Zeit

Wir haben auch keine Zeit mehr um nur fernzusehen. 
Es gibt auch keinen Grund mehr nur noch eine Sache alleine zu tun. 
Schließlich können wir doch unsere Arbeit, unseren Lernstoff für die Uni und unsere Sportübungen überall mithinnehmen.

Das Smartphone immer mit dabei. Das MacBook ist auch immer im Gepäck und mit der praktischen Sport-App, spart man sich sogar den Gang ins Fitness-Studio. 
Wodurch man während der täglichen Sit-Ups sogar das BWL-Skript noch durchgehen kann.
Ist es nicht schön immer und überall so effizient zu sein?

Ich sage Nein!

Und ich gebe zu – Ich bin ein Nichtstuer!
Für mich gibt es nichts das mehr entspannt, als mich nach einem stressigen Tag an der Uni oder der Arbeit einfach auf‘s Bett zu schmeißen, den Fernseher an zu machen und für eine gewisse Zeit die Augen zu schließen und einfach für niemanden erreichbar zu sein.

Und mit niemanden, meine ich auch wirklich niemanden. 
Kein Handy, kein Laptop, rein gar nichts wird in der Zeit in die Hand genommen oder gar angeschaut.

Ob ich danach noch etwas mache und was, das entscheide ich ganz alleine. Ich lasse mich weder von der Gesellschaft zum Sport treiben, noch zum Ausgehen zwingen etc.

Aber das ist doch verschwendete Zeit?

Vom Grundprinzip stimmt das. 
In dieser Zeit bin ich nicht produktiv. 
Ich schaffe nichts, ich lerne nichts und ich trainiere nichts. Und dennoch geht es mir danach hervorragend.

Bewege ich nämlich nach der Entspannungsphase meinen (ja, ich gebe zu) faulen Hintern nach oben, mache mir einen schönen knackigen Salat und setze mich danach an den Lernstoff, die Projektarbeit, oder egal was, schaffe ich es über mehrere Stunden hinweg, nicht selten fünf bis sechs, noch einmal anständig produktiv zu sein. 

Pro-Tipp: Das Ganze funktioniert auch ohne Salat und dafür mit Schokolade ;-)

Warum mache ich das?

Natürlich ist meine einzige Intention dahinter nicht nur danach leistungsstärker zu sein. 
Nein, ich brauche diese Ruhe einfach. 
Das stumpfsinnige Starren an die Decke, Wand oder den Flimmerkasten hilft mir, die Geschehnisse des Tages zu verarbeiten.

Gönne ich meinen Körper und meinem Hirn nicht diese Auszeit, fällt mir das Einschlafen am Abend schwerer, ich bin unausgeglichener, wichtige Sachen entfallen mir leichter und Sporteln am Abend macht auch weniger Spaß, wenn man nur müde und gestresst ist.

Die Gefahr

Jeder weiß es – Studenten sind faul. 

Ich bin, zumindest teilweise, ein Paradebeispiel dafür. 
Zum Sport gehe ich höchstens einmal die Woche und auch Lernen fällt besonders zu Semesterbeginn schwer, dafür bin ich lieber abends lange unterwegs und Feier mit meinen Kommilitonen. 

Doch geht es auf die Semestermitte oder gar das Ende zu, ändert sich das Ganze.
Es wird immer schwieriger mich nach meiner Erholungsphase zum Aufstehen zu motivieren. 

Ja, das Bett ist so kuschelig. Nur noch eine Folge. Lernen kann ich auch noch in einer Stunde… oder morgen… oder oder oder. 

Jeder kennt diese Ausreden und wahrscheinlich hat auch schon jeder mindestens einer davon nachgegeben und ist am Ende zu dem Schluss gekommen „Jetzt ist es auch zu spät zum Lernen/Sporteln/Aufstehen.“

Pro-Tipp um den inneren Schweinehund zu besiegen:

Eine kleine Belohnung hilft oft schon. 
In der vergangenen Prüfungsphase, habe ich mir immer Eistee selbstgemacht und damit dieser in meiner Dachgeschoss-Wohnung auch schön kühl bleibt, in den Kühlschrank gestellt. (Eistee kann hier beliebig durch Schokolade oder Eis – ohne Tee – ersetzt werden.) 
Um an die Belohnung heran zu kommen, muss man aufstehen und dann lohnt sich das Hinlegen auch nicht mehr wirklich. 
Obwohl, naja… 
Zumindest die meiste Zeit hat es funktioniert.

Das Abschluss-Plädoyer

Letzten Endes muss natürlich gesagt werden, dass man nicht einfach von sich auf andere schließen kann, auch nicht von mir auf euch.

Mir hilft das Nichtstun. Anderen hilft dafür wohlmöglich Yoga und Dritte brauchen das tägliche Wettrennen auf dem Laufband mit sich selbst um runterzufahren und wieder klar denken zu können.

Keine Frage, jeder Mensch ist anders und das ist auch gut so.

Persönlich geht es mir lediglich darum, dass wir uns nicht von der Gesellschaft vorschreiben lassen, in jeder Sekunde produktiv sein zu müssen und andauernd etwas zu leisten. 

Vielleicht wollt ihr es auch mal versuchen - einfach nichts tun. Egal ob im Garten, auf dem Bett oder im Park, überall ist Platz um einfach mal alles beiseite zu legen und ja, richtig, nichts zu tun und einfach mal Feierabend zu machen!